Putin und das Undenkbare

Putin hat den Krieg gewählt, war es falsch, den Frieden mit friedlichen Mitteln retten zu wollen?

Münchner Sicherheitskonferenz 2022 Kommentar
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Alles war vergebens, alle Mühen, den Frieden mit friedlichen Mitteln zu wahren: Vergebens der Versuch, die russische Sichtweise zu verstehen, den Dialog zu beschwören, vergebens waren auch die Einladungen oder Aufforderungen zu Verhandlungen und das Angebot der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Gestern Nacht hat Wladimir Putin sich für eine entsetzliche Eskalation entschieden, nicht nur der Ukraine, sondern Europa und der ganzen westlichen Welt den Krieg erklärt.

Der Herrscher im Kreml hat sich damit außerhalb der zivilisierten Welt gestellt. Viele haben diese Konsequenz nicht für möglich gehalten. Auch ich.

Für Putins Entschluss gibt es keine vernünftige Erklärung, keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung. Als obsolet erweist sich jetzt der Hinweis auf Demütigungen in den schwachen russischen Jahren, auf die Nato-Osterweiterung, auf (auch militärisch durchgesetzte) amerikanische Geopolitik, auf abgewickelte Abrüstungsverträge, auf missachtete Sicherheitsinteressen, auf unnachgiebige Gesprächspartner.

Nichts ist Ursache genug. Putin hat die Welt belogen, all diejenigen, die ihn zuletzt aufgesucht haben. – Nun ja. Wenn das alles wäre, die Lügen.

Tatsache ist: Niemand hat Russland mit Waffengewalt angegriffen, wer seine Panzer und Truppen losgeschickt hat, ist Putin. Selbstverteidigung ist das nicht. Nicht einmal vorausschauende. Auf der Anklagebank sitzt jetzt nur einer: Wladimir Putin. Und mit ihm all jene, die hinter ihm stehen.

War dieser Krieg unabwendbar?

Vielleicht gab es nie eine realistische Chance, das abzuwenden, was der russische Präsident der Welt nun oktroyiert – weder mit Zuckerbrot noch mit Peitsche.

Häufig war die Frage zu lesen: Was will Putin? Häufig lautete die Antwort: Das wisse nur Putin. Und doch warnten Kommentatoren und Politikerinnen vor dem, was nun eingetreten ist. Das Undenkbare.

Was ist es, was diesen Entschluss zum Krieg ausgelöst hat? Wut wegen der „Dominanz der USA und der Nato“, wie einer unserer russischen Autoren schrieb? Angst und der verzweifelte Versuch, „eine weitere Ausweitung der westlichen Allianz auf früheres sowjetisches Territorium zu verhindern“?

Oder viel banaler: Der Drang zu demonstrieren, dass ein Diktator sich nicht drohen lässt? Allmachtsphantasien? Rücksichtslose Rechthaberei? Größenwahn? Wahnhafte Weltmachtwünsche eines rückwärtsgewandten Regenten, der sein Volk ins Verderben leitet?

Das weiß vielleicht nicht einmal Putin.

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