Schon wieder Ostern?
Weshalb Orthodoxe die Auferstehung Christi später feiern und sich das bald ändern könnte
Die Orthodoxe Kirche feiert Ostern in diesem Jahr erst am 2. Mai. Warum begehen nicht alle Christen die Auferstehung Jesu am selben Tag? Weil sie verschiedene Kalender verwenden: Bei Katholiken und Protestanten ist es der Gregorianische Kalender, der unserem zivilen Kalender entspricht. Er wurde 1582 von Papst Gregor XIII. eingeführt. Die Orthodoxen richten sich nach dem Julianischen Kalender. Er geht auf Julius Cäsar zurück, der ihn im Jahr 46 vor Christus eingeführt hat. Er ist astronomisch weniger genau und geht heute sozusagen 13 Tage nach.
Ostern wird, wie schon beim Konzil von Nicäa 325 festgelegt, am Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond gefeiert, also dem ersten Vollmond nach der Tagundnachtgleiche am 21. März. In diesem Jahr war bei uns am 28. März Vollmond, weshalb wir Ostern am 4. April gefeiert haben.
Nach Julianischem Kalender ist der erste Frühjahrsvollmond jedoch erst am 27. April. Deshalb feiert die orthodoxe Christenheit in diesem Jahr am darauffolgenden Sonntag, dem 2. Mai, Ostern. Das ist dieses Jahr sehr spät, aber es kann auch passieren, dass alle am selben Tag feiern – das nächste Mal im Jahr 2025.
Ostern bald gemeinsam feiern?
Und das könnte bald immer so sein. Schon lange wird über die Ostertermine diskutiert: Bei den Orthodoxen stand das Thema schon 1961 auf der Agenda für ihr sogenanntes Panorthodoxes Konzil, auf dem die autokephalen orthodoxen Landeskirchen über wichtige Fragen der Gesamtorthodoxie beraten wollten. Kurz vor der Zusammenkunft im Juni 2016 auf Kreta hat man die Kalenderfrage von der Tagesordnung genommen, weil keine Einigung zu erwarten war.
Auch der Ökumenische Rat der Kirchen hat schon einmal einen Anlauf genommen. 1997 im syrischen Aleppo ist ein interessanter Vorschlag aufgekommen: Man solle den Ostertermin mit neuesten astronomischen Methoden berechnen und sich dabei am Meridian von Jerusalem orientieren, dem Ort der Osterereignisse. Der Clou: Beide Seiten hätten sich bewegen müssen, nicht nur die Orthodoxen, die Vorbehalte hatten, weil sie sich nicht am "katholischen" Kalender orientieren wollten.
Und noch jemand hat angeregt, endlich ein gemeinsames Datum zu finden: Papst Tawadros II., das Oberhaupt der Koptisch-orthodoxen Kirche, 2014 in einem Brief an Papst Franziskus. Der Vorschlag klingt einfach: Ostern solle künftig von allen Christen an einem festen Termin gefeiert werden, am zweiten oder dritten Sonntag im April. Auch der Erzbischof von Canterbury Justin Welby, das Oberhaupt der Anglikaner, schloss sich diesem Vorschlag an. Ohne Ergebnis blieb dieser Vorstoß vermutlich wegen der Vorbehalte der Orthodoxen, von der in Nicäa 325 formulierten Regel abzuweichen.
Eine neue Idee
Anfang März hat Konstantinopels Vertreter beim Weltkirchenrat, der orthodoxe Erzbischof Job von Telmessos, vorgeschlagen, dass Christen aller Konfessionen vom Jahr 2025 an das Osterfest zusammen am selben Tag feiern sollen. Aber auch dieser Vorstoß könnte scheitern – sofern das Ökumenische Patriarchat in Konstantinopel diese Idee allein vorantreiben würde. In diesem Fall wäre mit Widerspruch aus Moskau zu rechnen – weniger aus theologischen Gründen, sondern eher aus psychologischen und politischen (wegen des Konflikts zwischen Konstantinopel und Moskau um die Orthodoxen in der Ukraine).
Auch Papst Franziskus müsste mit Vorbehalten rechnen, schlüge er dergleichen im Alleingang vor. Denn orthodoxe Kirchenführer müssten bedenken, dass orthodoxe Fundamentalisten einen derartigen Vorstoß ablehnen, weil er als Unterwerfung unter die katholische Kirche ausgelegt werden könnte. Eine solche Initiative könnte nur dann Erfolg haben, wenn sie von vornherein ökumenisch angelegt und gemeinsam vorangetrieben wird.
Es ist also kompliziert. Aber der Vorschlag von Job von Telmessos enthält einen charmanten Gedanken: 2025 ist das Jubiläumsjahr des Konzils von Nicäa. Damit es beim Erinnern nicht nur um Vergangenes, sondern auch um die Zukunft geht, wäre es ein wunderbares Zeichen, wenn die christlichen Kirchen sich darauf einigen könnten, Ostern vom Jubiläumsjahr an gemeinsam zu feiern.
Ein gemeinsamer Ostertermin wäre ein wichtiges Signal, nicht nur innerchristlich für die Ökumene, sondern auch nach außen, gegenüber der Welt. Als vorteilhaft erwiese sich ein gemeinsames Osterfest vor allem für viele Ehepaare von orthodoxen mit westlichen Christen. In diesem Jahr haben die einen schon Anfang April Ostern gefeiert, der orthodoxe Partner aber muss noch vier Wochen fasten. Wie soll das gehen? Der eine soll fasten, der andere will feiern.
Das gemeinsame Osterfest ist also nicht nur eine kirchenpolitische Frage und eine ökumenische Herausforderung, sondern auch eine pastorale Aufgabe. Deswegen finde ich die Initiative von Erzbischof Job unterstützenswert.