Friedensnobelpreis für Memorial

Das Nobelpreiskomitee ehrt Menschenrechtler aus Russland, Belarus und der Ukraine

von KARENINA
Glänzende Wahl: Der Friedensnobelpreis 2022 geht an drei Menschenrechtsorganisationen aus Russland, Belarus und der Ukraine. Im Bild die erste Medaille, 1901 verliehen an Henry Durant, Gründer des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz.

Nein, die Vergabe des Friedensnobelpreises an die russische Menschenrechtsorganisation Memorial richte sich nicht gegen Wladimir Putin, sagte die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen. „Wir geben einen Preis immer für etwas und an jemanden – nicht gegen jemanden.“ Allerdings stehe Putin an der Spitze einer autoritären Regierung, die Menschenrechtsorganisationen unterdrücke.

Gemeinsam mit Memorial zeichnete das Komitee den inhaftierten belarussischen Menschenrechtsanwalt und Aktivisten Ales Bjaljazki sowie das ukrainische Zentrum für bürgerliche Freiheiten aus. Sie alle seien Vorkämpfer für Menschenrechte, Demokratie und ein friedliches Zusammenleben in den drei ehemaligen Sowjetrepubliken, sagte Reiss-Andersen am Freitag in Oslo.

Memorial war Ende der 1980er-Jahre entstanden, um die Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Unterdrückung am Leben zu halten. In Russland erweiterte die Organisation ihr Aktionsfeld auf Menschenrechtsverstöße der Gegenwart und das Schicksal politischer Gefangener. Im vergangenen Dezember ordnete das oberste russische Gericht in Moskau die Schließung der Organisation an. (siehe auf KARENINA: „Memorial: Hüterin der Erinnerung“)

Die Anwältin von Memorial, Tatjana Gluschkowa sagte, sie sei „sehr, sehr glücklich. Für uns ist das ein Zeichen, dass unsere Arbeit, ob sie nun von den russischen Behörden anerkannt wird oder nicht, wichtig für die Welt und wichtig für die Menschen in Russland ist“.

Schon im vergangenen Jahr erhielt ein russischer Oppositioneller den Friedensnobelpreis: Neben der philippinischen Journalistin Maria Ressa wurde Dmitri Muratow ausgezeichnet, inzwichen im Exil lebende Chefredakteur der eingestellten Zeitung Nowaja Gaseta.

Ales Bjaljazki wendet sich seit Mitte der 1980er-Jahre gegen das autoritäre Regime in Belarus. Als Gründer der Menschenrechtsorganisation Wesna erhielt er 2020 den Right Livelihood Award, den Alternativen Nobelpreis. Während der Proteste gegen Präsident Lukaschenko wurde er verhaftet und ist seither ohne Prozess im Gefängnis. Das Nobelkomitee fordere seine Freilassung.

Das ukrainische Zentrum für Bürgerrechte hat 2007 als Ziel erklärt, Menschenrechte und Demokratie zu fördern. Derzeit dokumentiert es russische Kriegsverbrechen gegen ukrainische Zivilisten. „Das ist eine Überraschung für uns“, sagte Wolodymyr Jaworskyj, Koordinator der Organisation in Kiew. Jahrelang sei seine Organisation unsichtbar für die Welt gewesen. „Aber die Menschenrechtsarbeit ist die wichtigste Waffe gegen den Krieg.“

Bundesaußenministerin Baerbock gratulierte via Twitter. „Ich verneige mich vor dem Mut von Ales #Bialiatski , #Memorial und dem #CentreForCivilLiberties. Dieser Friedensnobelpreis ehrt all jene, die mit enormem Mut und unter hohem Risiko für ihre Rechte und ihre Freiheit kämpfen. Gegen das Unrecht des vermeintlich Stärkeren.“

Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur lobte „angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der anhaltenden politischen Unterdrückung in Russland und Belarus“ das „wichtige Zeichen der Solidarität“ für jene, die unter hohem persönlichem Einsatz und Gefahr für die eigene Freiheit für Menschenrechte und Demokratie einträten. „Dafür gebührt ihnen unser aller Respekt!“, sagte Direktorin Anna Kaminsky.

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