Ukraine: ‚Der Westen wird standhaft bleiben‘
Ivo Daalder, James Lindsay: Putins Strategie wird nicht aufgehen, der Westen bleibt einig, Foreign Affairs 15.9.2022
Putin Armee gehen Männer und Material aus, um das besetzte Territorium in der Ukraine zu halten oder gar neue Initiative zu ergreifen, schreiben Ivo H. Daalder und James M. Lindsay in Foreign Affairs. Putins letzte Hoffnung sei, dass die „bemerkenswerte Einigkeit“ des Westens wegen der knappen Energie und der hohen Preise für Gas und Strom im Winter zerbreche.
Der Druck sei da, räumen der Präsident des Chicago Council on Global Affairs und der Vizepräsident und Direktor des Council on Foreign Relations ein; aber ist tatsächlich eine „Ukrainemüdigkeit“ zu befürchten?
Die beiden Autoren halten den Zusammenbruch der westlichen Entschlossenheit für „unwahrscheinlich, selbst wenn die gegenwärtige Gegenoffensive der Ukraine ins Stocken gerät“. Der Westen habe verstanden, dass der Preis der Freiheit hoch ist. Alle seien entschlossen, dafür zu sorgen, dass Russland scheitert.
Putin habe zwei Hebel: Energiepreise und seine „Desinformationsarmee“. Er rechne damit, dass bei steigenden Preisen „die wütende Öffentlichkeit ihre Regierungen drängen wird, eine Übereinkunft mit Moskau zu suchen, damit das Gas wieder fließen kann“, schreiben Daalder und Lindsay.
Diese Gefahr sehen die beiden Autoren nicht. Sie loben die „rasche und entschlossene außenpolitische Zeitenwende Deutschlands, mit der die Bundesregierung die jahrzehntelange deutsche Russlandpolitik verlassen habe. Selbst Italiens voraussichtliche nächste Premierministerin, Giorgia Meloni, sich entschieden pro-westlich und anti-russisch geäußert habe, „auch wenn ihre Partei von Benito Mussolinis Nationalfaschistischer Partei abstammt“.
Ein eventuell brutal kalter Winter mit Energieknappheit und steigenden Preisen werde Europa auf die Probe stellen, räumen Daalder und Lindsay ein. Aber die europäischen Regierungen hätten entschlossen gehandelt, um dem vorzubeugen. Und es gäbe keinen Plan für Kompromisse mit Putin. „Der Westen hat mit einer Einheitlichkeit reagiert, die nur wenige für möglich gehalten hätten.“
Auch ein harter Winter werde daran nichts ändern. Und wenn der Winter vorüber ist, werden Putins Druckmittel erschöpft sein. „Große Mehrheiten in Europa und Nordamerika wissen, dass ihre Sicherheit und Freiheit davon abhängen, dass die Ukraine frei, unabhängig und Teil des Westens bleibt.“ Deshalb werde der Westen standhaft bleiben. PHK