Nato-Erweiterung? Pausetaste drücken
Finnland, Schweden in die Nato? Christopher S. Chivvis sieht ein Dilemma, Carnegie Endowment for International Peace, 14.4.2022
Finnland und Schweden streben eine Mitgliedschaft in der Nato an. Und deren Generalsekretär sagt, die beiden Staaten würden „mit offenen Armen“ willkommen geheißen.
Dafür gibt es gute Gründe: Anders als die Ukraine sind Finnland und Schweden Mitglied in der EU und langjährige Demokratien. Und eine russische Attacke auf sie hätte größere wirtschaftliche und geopolitische Auswirkungen auf Europa und die USA als im Fall der Ukraine.
Christopher S. Chivvis warnt vor einem Dilemma. Das Bündnis müsste die beiden Staaten verteidigen, falls Russland angriffe. Der Direktor des American Statecraft Program der Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden sieht die Gefahr, dass daraus „eine große neue Verwundbarkeit für das Bündnis“ geschaffen werden könnte und gleichzeitig „die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts mit Russland steigt“.
Die lange Grenze Finnlands mit Russland sei „ein potenzielles Problem für die Nato“: die Finanzierung der Verteidigung dieser 1300 Kilometer langen Grenze. Es sei angesichts der US-Innenpolitik und anderer Verteidigungsprioritäten „unrealistisch und unklug, von den Vereinigten Staaten zu erwarten, dass sie einen größeren Teil einer solchen neuen Verpflichtung übernehmen“.
Washington solle die Pausetaste drücken, empfiehlt Chivvis, „und es vermeiden, sich Hals über Kopf in Verpflichtungen zu stürzen, die es später bereuen könnte“.
Nötig seien verlässliche Zusagen, dass die beider Länder nicht nur die Verteidigung ihrer eigenen Territorien finanzieren, sondern auch zur Verteidigung schwächerer Verbündeter entlang der östlichen Flanke der Nato beitragen.
Heißt: Nichts überstürzen. Chivvis, der auch auf die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Kandidaten mit China hinweist, glaubt nicht an einen russischen Überfall, solange Moskaus Soldaten in der Ukraine gebunden sind.
Die Aufnahme der Länder sei nicht geeignet, Putin wie einem Schulkind Lektionen zu erteilen. Eher würde eine Erweiterung der Nato als weitere Rechtfertigung für seinen Krieg in der Ukraine ansehen.
Finnland und Schweden in das Bündnis einzubringen, könne vorteilhaft für die Sicherheit in Europa sein, räumt Chivvis ein – wenn richtig gemacht. Zuerst aber müsse sichergestellt sein, dass Finnland und Schweden „wirklich bereit sind, die Lasten zu teilen und die Opfer zu bringen, die eine NATO-Mitgliedschaft mit sich bringt – und nicht nur die Vorteile genießen, die sie mit sich bringt“. PHK