Umfragen in Russland zum Krieg: Mehrheitsillusion?
Margarita Zavadskaya mahnt zu Vorsicht mit Daten, die breite Kriegsunterstützung unterstellen, Riddle, 4.6.2022
Mehrere Umfragen in Russland, auch staatsunabhängige, brachten das Ergebnis, dass eine Mehrheit der Bevölkerung den Krieg in der Ukraine unterstützt. Margarita Zavadskaya weist darauf hin, dass Umfragen in totalitären Regimen mit Vorbehalten gelesen werden müssten. Derartige Umfragen verleiteten dazu, alle russischen Bürger in den Augen der internationalen Gemeinschaft als mitschuldig an Verbrechen zu machen.
Insofern seien die Surveys eine „Waffe“ in den Händen des Autokraten, denn sie werde als Beweis für die Unterstützung der Russen und damit als Legitimation für die Invasion der Ukraine verwendet. Außerdem sendeten die Ergebnisse „ein Signal an die Bürger und die Opposition, dass Widerstand zwecklos ist“. Das schaffe eine „selbsttragende Mehrheitsillusion“ und verursache bei der Antikriegsminderheit in Russland und der Opposition außerhalb Russlands Schaden an Reputation.
Heikel sei es, zweifelhaften Daten zu verbreiten, die eine überwältigende Unterstützung für den Krieg belegten. Sie seien das perfekte Argument für die „sogar offensichtlich unwissenschaftliche Annahme, dass die Behörden und die Menschen in Russland eins sind oder dass die Russen eine Art ‚sklavische Mentalität‘ besitzen“. Das popularisiere die Annahme einer kollektiven Schuld. PHK