Die Russlandversteher
Unbedingt anhören: Hörfunkfeature über das ambivalente Verhältnis der Ostdeutschen zu Russland
Zwei Männer auf dem Weg von Mecklenburg nach Moskau. Im DDR-Oldtimer, Baujahr 1965. Schwerin – Moskau, 2000 Kilometer.: „Mit dem Wolga zu Olga“. Ziel: die russische Hauptstadt. Und tatsächlich, sie standen dort, mitten auf dem Roten Platz.
Wieso machen die das? Weil er sich schämt, sagt Holger Hempel. Gorbatschow, die Wende. „Endlich Frieden, endlich keine Atomwaffen mehr. Dass alles zurück gerüstet wurde“, sagt Hempel, das sei ein großes Versprechen von Helmut Kohl gewesen. „Dass er gesagt hat: Keine Nato-Osterweiterung, an der Oder ist Schluss, da gebe ich Ihnen mein Wort. Und wenn ich heute sehe, dass wir rollende taktische Manöver an der russischen Grenze machen, selbst wir Deutschen sind dabei – dann schäme ich mich einmal um die Erde und zurück.“ Er will „die Hand reichen und uns wiederzusammenzuführen“, sagte er vor der Abfahrt. Und mit den Russen gemeinsam „das Haus Europa bauen“.
Eine Dresdnerin, Jane Jannke, erzählt, warum sie dafür sorgte, dass der Sowjetische Garnisonsfriedhof in ihrer Stadt wieder gepflegt und hergestellt und der Denkmalschutz erweitert wurde.
In schwierigen Zeiten im Gespräch bleiben
Erwin Sellering, westdeutscher SPD-Politiker und zehn Jahre lang Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, erzählt, warum er 2018 den Verein „Deutsch-Russische Partnerschaft“ gegründet hat: „Wir brauchen den Austausch junger Menschen.“ Das führe zu Offenheit. Schaffe Bindung und Freundschaften. „Vor allen Dingen kann man weder den jungen Russen noch den jungen Deutschen so leicht weismachen, dass die anderen der Feind sind.“
Als er 2014, nach der Annexion der Krim, den sogenannten Russlandtag trotz allem nicht absagte, hätten viele darauf bestanden: Ihr müsst das abblasen. Er meinte aber, „dass man gerade in schwierigen Zeiten im Gespräch bleiben muss. Nicht sich so abschotten, total dicht machen und jemandem zum Feind erklären.“ Dafür sei die gesamte Presse über ihn „hergefallen“.
Zu Wort kommt auch ein Rotarmist, der am 25. April 1945 in Torgau an der Elbe den Amerikanern die Hand reichte. Viktor Maximow aus Jekaterinenburg, der 1991 erstmals wieder nach Deutschland reiste, um in Dresden um Hilfe zu bitten: für sein Hospital, dem es an allem fehlte. 96 Eisenbahnwaggons voller Hilfsgüter schickte der Dresdner Verein, der dann gegründet wurde, nach Russland. Für Veteranenheime und Hospitäler, Kinder- und Behindertenheime, Rentner und Familien.
Das Deutschlandfunk-Feature von Alexa Hennings: „Die Russenversteher“ berichtet „von einem ambivalenten Verhältnis der Ostdeutschen“. Große Empfehlung der KARENINA-Redaktion. Unbedingt anhören!