Wir sind Komplizen der Korruption in Russland
Toomas Hendrik Ilves: Why the West has itself to blame for Russian corruption, Washington Post, 11.10.2021
Jede Medaille hat zwei Seiten. So auch die der Korruption, der Korruption in Russland. Die Führer der Sowjetunion, schreibt Toomas Hendrik Ilves in der Washington Post, konnten keine Villen an der Riviera kaufen, keine Ski-Chateaus in St. Moritz und keine Apartments im Wolkenkratzer eines US-Präsidenten, und sie konnten mit ihren Yachten nicht in Saint-Tropez oder Piräus anlegen. Geld von Totalitären zu nehmen hätte Strafen und Schande mit sich gebracht.
„Heute hat der liberale, demokratische Westen die einstige Klarheit aufgegeben“, bedauert der ehemalige estnische Präsident. „Wir sind Komplizen geworden, die gemeinsame Sache machen mit den Feinden der Freiheit und unserem aufgeklärten Erbe der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte.“ Wir seien „die nichtangeklagten Mitverschwörer unseres eigenen Untergangs und der Zerstörung Russlands, das unter der Last der Korruption und des Diebstahls zusammenbricht“.
Den Heroismus von Nawalny und dessen Enthüllungen von Korruption in Russland zu feiern, gebe uns ein „selbstgefälliges und falsches Gefühl von moralischer Überlegenheit“. Stattdessen müssten wir uns mit dem Dreck vor der eigenen Haustür befassen.
Und dann zählt er auf: korrupte Politiker, naive und habgierige Regierungen und sogar älteste und angesehenste Universitäten, Unternehmen, die Profit über Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit stellen, Banker, Anwälte und Buchhalter, die Geld waschen. Mit Blick auf die Pandora Papers schreibt er: „Es ist diese Korruption, unsere Korruption, die die mörderische Plünderung der Bojaren des Kremls und ihrer Schergen sowie anderer abscheulicher Regime auf der ganzen Welt unterstützt, fördert und unterstützt, ja sogar nährt.“ PHK