Preis für russische Ölexporte deckeln

Ölexporte nicht blockieren, keine Einfuhrzölle, um Einnahmen zu senken und Russlands Kriegsmaschinerie lahmzulegen

Ölkännchen warten auf ihren Einsatz. Inzwischen sollte der Westen den Preis für Russlands Ölexporte deckeln, meint Anders Aslund.

Die vom Westen gegen Russland aufgrund seiner Aggression gegen die Ukraine verhängten Sanktionen werden immer strikter. Das größte ungelöste Problem besteht darin, wie Russlands Öleinnahmen gesenkt werden könnten, die inzwischen wohl für mehr als die Hälfte seiner Exporteinnahmen verantwortlich sind. Die beste Methode ist eine Preisobergrenze für Öl, die auch bereits umgesetzt wird – allerdings nicht von den westlichen Ländern.

Die ursprüngliche Idee war ein Importstopp für russisches Öl durch den Westen. Da jedoch ungefähr elf Prozent der weltweiten Ölproduktion auf Russland entfallen, führten die Versuche des Westens, die Ölimporte aus Russland zu reduzieren, zu einem drastischen Preisanstieg auf dem Weltmarkt, der es Russland ermöglichte, mehr an seinen Ölexporten zu verdienen, obwohl kleinere Mengen geliefert wurden.

Einige Länder, allen voran Indien, China und die Türkei, haben ihre Öleinfuhren aus Russland erhöht. Doch damit haben sie Russland nicht großartig geholfen, da sie dieses Öl nämlich mit einem großen Rabatt kaufen. Anfang 2022 wurde die russische Rohöl-Sorte Urals im Vergleich zur europäischen Standardsorte Brent mit einem geringfügigen Abschlag von 1 bis 2 Dollar pro Fass gehandelt. Seit April schwankt dieser Abschlag jedoch zwischen 31 und 36 Dollar pro Fass. Am 3. August betrug der Preis für Urals-Rohöl 76 Dollar pro Fass.

Trotz ihrer Weigerung, sich an den westlichen Sanktionen gegen Russland zu beteiligen, haben also Indien, China, die Türkei und andere erfolgreich eine de facto marktbasierte Preisobergrenze für russisches Öl durchgesetzt und bilden eine weltweite Koalition zur Aufrechterhaltung dieser Obergrenze. Anstatt Länder, die russisches Öl kaufen, zu kritisieren, sollte der Westen ihnen lieber danken.

Der Ölpreis ist noch zu hoch

Und dennoch ist der aktuelle Weltmarktpreis für Öl mit 100 Dollar pro Fass immer noch zu hoch, da er seit Januar aufgrund des russischen Kriegs, der westlichen Sanktionen und der Befürchtungen, Russland könnte seine Ölexporte einstellen, um 24 Dollar pro Fass gestiegen ist.

Die Sanktionen des Westens gegen Russland erfolgen auf zweifache Weise. Im Juli 2014 verhängte der Westen umfangreiche Sanktionen gegen den Export von Öltechnologie nach Russland. Diese Sanktionen betrafen vor allem Tiefseebohrungen, Bohrungen in der Arktis und die Schieferölförderung. In diesem Jahr wurden die Sanktionen im Bereich der Öltechnologie ausgeweitet, so dass die drei großen westlichen Ölfeld-Dienstleistungsunternehmen – Halliburton, Schlumberger und Baker Hughes – gezwungen waren, Russland zu verlassen.

Diese Sanktionen sind durchaus sinnvoll: Sie führen nicht zu abrupten Produktionskürzungen, schränken aber Russlands Möglichkeiten ein, seine Ölproduktion mittelfristig aufrechtzuerhalten.

Die zweite Kategorie westlicher Sanktionen zielt darauf, Russlands Ölexporte – sowohl Rohöl als auch Erdölprodukte – zu drosseln. Sie gehören neben den Sanktionen gegen die russischen Gasexporte zu den umstrittensten Maßnahmen, weil sie den Ölpreis in die Höhe treiben. Das schadet dem Westen und allen anderen Ölimporteuren, während die Ölexporteure Gewinn daraus schlagen.

Ölpreissteigerung durch Sanktionen

Der Westen hat bereits Sanktionen gegen die Exporte kleinerer Ölproduzenten, insbesondere Venezuela und Iran, verhängt, ohne dass es zu größeren Störungen des globalen Ölmarkts gekommen wäre. Auch diese Sanktionen haben für eine Steigerung des Ölpreises gesorgt, was nicht im Interesse des Westens oder anderer Ölimporteure lag.

Der Versuch, derartige Sanktionen gegen Russland zu verhängen, erscheint bestenfalls vermessen und ist möglicherweise kontraproduktiv. Leiden würden darunter zahlreiche arme, ölimportierende Länder, die eher den Westen als Russland für die hohen Preise verantwortlich machen.

Wirtschaftsfachleute plädieren in der Regel dafür, unliebsame Importe mit Einfuhrzöllen einzudämmen. Diese senken den Preis der importierten Güter (wie im Fall des russischen Öls erwünscht), reduzieren deren Verbrauch (käme in diesem Fall dem Klima zugute) und stellen ein Standardverfahren dar (alle Länder verfügen über Antidumpinggesetze, die die rasche Verhängung empfindlicher Zölle erlauben).

Allerdings treiben sie auch die Inflation und vor allem die Ölpreise in die Höhe, weswegen man damit eine Gegenreaktion der Wähler riskiert. Deshalb werden Einfuhrzölle auf russisches Öl vorerst allgemein als inakzeptabel angesehen.

Aus diesem Grund plädiert US-Finanzministerin Janet Yellen für eine Preisobergrenze für russisches Öl und Gas. Sie hat recht, doch es gibt noch eine Reihe von Maßnahmen, die diese Politik effektiver gestalten könnten. Anstatt von nicht-westlichen Ländern zu verlangen, kein russisches Öl zu importieren, sollte der Westen sie vielmehr auffordern, ihre Preisnachlässe beizubehalten.

Weltweite Ölpreise niedrig halten

Der Westen hat kein Interesse daran, die russische Ölproduktion kurzfristig einzuschränken, denn das würde nur Russlands Einnahmen aus dem Ölexport steigen lassen. Stattdessen sollte der Westen, wie schon 2014, deutlich machen, dass sein Schwerpunkt darauf liegt, die weltweiten Ölpreise niedrig zu halten – eine Botschaft, die im ölimportierenden globalen Süden sehr gut ankommen würde. Und der Westen muss nicht befürchten, dass Russland seine Ölexporte einstellt, weil das Land sich das gar nicht leisten kann.

Bei Erdgas verhält es sich völlig anders. Hier kann es sich Russland sehr wohl leisten, die Exporte auf der Stelle zu stoppen. Selbst in den Jahren 2011 bis 2013, als die Preise hoch waren, entfielen nur 14 Prozent der Exporteinnahmen Russlands auf Erdgas. Mehr als vier Fünftel des russischen Gases werden nach Europa exportiert, wo man jegliches Vertrauen in Russland als vertrauenswürdigen Lieferanten verloren hat und diese Importe so schnell wie möglich beenden möchte.

Der Westen kann und sollte den Preis für Russlands Ölexporte deckeln. Umzusetzen ist das durch eine lobende Würdigung der Rabatte, die viele nicht-westliche Länder gewährt bekommen. Um diese Obergrenze aufrechtzuerhalten, sollten diese Länder auch deutlich machen, dass sie die russischen Ölexporte nicht blockieren werden.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier. Copyright: Project Syndicate, 2022.

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