Ein Monarch braucht eine Flotte
Vor 325 Jahren ließ Zar Peter I. eine russische Marine aufbauen
Nur Grönland, Indonesien und Kanada haben eine längere Küstenlinie als Russland. „Die Seestreitkräfte Russlands haben heute alles Notwendige“, sagte Wladimir Putin am 25. Juli, anlässlich des Tags der russischen Marine, „um den Schutz unserer Heimat und unserer nationalen Interessen zu garantieren.“
Vor 325 Jahren war das anders. Russland war ein Binnenstaat mit nur einem internationalen Hafen, gelegen in Archangelsk, ganz im Norden am weißen Meer, der im Winter zugefroren war. Doch die Ostsee und das Baltikum beherrschten die Schweden, und das Asowsche und das Schwarze Meer mit dem Zugang zum Mittelmeer kontrollierten trotz der russischen Eroberung von Asow (freilich schon mit Seeunterstützung) die Osmanen.
Das wollte – um der Sicherheit und Handelsoptionen willen – vor 325 Jahren Zar Peter I. ändern: „Ein Monarch, der eine Landarmee hat, hat nur eine Hand; der, der auch eine Flotte hat, hat zwei Hände.“
Um gegen die Schweden und die Osmanen bestehen zu können, wollte Peter I. im Rahmen der sogenannten Petrinischen Reformen eine moderne Armee aufbauen. Deshalb beschloss die Duma auf seinen Wunsch hin am 20. Oktober 1696 den Aufbau einer modernen, schlagkräftigen russischen Marine.
Geholfen haben dabei auch Strafgefangene. Jens Siegert erinnert in seinem Buch „Im Prinzip Russland“ daran, dass es im russischen Imperium bereits Ende des 17. Jahrhunderts „ein weitgefächertes Lagersystem mit systematischer Zwangsarbeit gegeben hat. Die Verurteilten seien unter Zar Peter I. als Sklaven beim Aufbau der ersten russischen Flotte eingesetzt worden.
Der Erfolg ließ ein wenig auf sich warten, aber er kam. Nachdem die russische Armee 1704 im Großen Nordischen Krieg die schwedische Festung Narwa eingenommen und 1709 die Schweden in der Schlacht von Poltawa geschlagen hatten, besiegten sie 1714 auch deren Flotte in der Schlacht von Gangut. Der erste Sieg der russischen Marine!
Im Süden dagegen war Asow schon wieder verloren, und es sollte Jahrzehnte dauern, bis Asow (und Taganrog) wieder russisch war. Aber die Siege im Norden waren große Schritte auf dem Weg zum Friedensschluss von Nystad (1721), der Russland wichtige Gebiete im Ostseeraum sicherte und dem Zaren des nun Russischen Reichs den Titel Kaisers bescherte. PHK