Wenn ich das Gefühl habe, übermäßig selbstsicher zu sein und kurz vor dem Abheben stehe, suche ich eine Fahrradwerkstatt auf. Dort verlasse ich den Ort als ein gebrochener Mann.
Ich rolle mein babyblaues Rad, das irgendwie nicht rund läuft, unsicher in die Werkstatt, ohne zu wissen, was genau das Problem ist. Etwas klemmt oder hakt. Um nicht völlig ahnungslos zu wirken, wage ich die forsche Vermutung: „Muss ich vielleicht die Kette ölen?“
Der Mechaniker hebt den Kopf, sieht mir ins Gesicht und senkt ihn ohne ein Wort wieder. Ich kann seine Gedanken fast hören: „Du bist ein Nichtsnutz. Du weißt gar nichts. Schäm dich.“ Dann untersucht er jedes Detail meines Rades, mit strafenden Blicken und knappen Kommentaren macht er klar, dass mein Fahrrad Schrott ist. Weiterfahren wäre lebensgefährlich! So endet jeder meiner Besuche im Fahrradgeschäft. Was man für ein kleines Problem hält – eine Bremse, ein platter Reifen, eine rostige Kette – lässt einen beim Verlassen des Ladens an der eigenen Existenz zweifeln.
Warum sind Fahrradmechaniker so? Diese Frage treibt mich in die Werkstatt nebenan. Schon beim Eintreten und dem Klingeln der Tür fühle ich mich unbehaglich. Der Mechaniker mit dem langen grauen Bart und seinen ölverschmierten, verhornten Händen schaut mich an, was mich fast zur Umkehr bewegt. Trotzdem versuche ich es: „Es gibt das Klischee, dass Fahrradmechaniker oft ruppig und unfreundlich sind“, beginne ich vorsichtig. Er unterbricht mich sofort: „Ich bin gespannt, was jetzt kommt.“
Ich sammle meinen Mut: „Stimmt das? Sind Fahrradkunden schwieriger als andere?“ Der Mechaniker atmet tief durch, hält sich zurück. Ich denke, die Beziehung zwischen Fahrradmechaniker und Fahrradfahrer ähnelt einer enttäuschten Vater-Sohn-Geschichte. Der Mechaniker verbringt Stunden damit, jedes Teil des Fahrrads perfekt anzupassen, zu ölen, Teile auszutauschen, nur um dann zu sehen, wie das Rad im Regen stehen gelassen und rostig wird. Die Missachtung seiner Arbeit kann der Mechaniker nicht ertragen.
Dazu kommt, dass wir eigentlich nicht wirklich zahlen wollen. Vielleicht, weil wir uns einreden, wir könnten die Reparatur selbst durchführen? Das erzählt mir Tom, ein ausnahmsweise freundlicher Fahrradmechaniker, als ich den nächsten Laden betrete. Viele Kunden kommen mit einem platten Reifen zu ihm. Wenn Tom ihnen dann sagt, dass der Schlauchwechsel 27 Euro kostet, drehen viele um. Für Autoreparaturen würden wir Tausende ausgeben, für das Fahrrad kaum etwas. Vielleicht ist der Mechaniker auch deshalb so verärgert, weil er im Vergleich zum Automechaniker viel weniger Anerkennung erhält.
Manche wollen sogar kleine Einstellungen kostenlos, berichtet Tom: hier die Bremsen nachstellen, dort kurz das Werkzeug leihen, den Sattel justieren – aber ein bisschen Geld in die Kaffeekasse? Niemals. Vielleicht – und bei diesem Gedanken blicke ich in Toms freundliches Gesicht – ist die schlechte Laune des Fahrradmechanikers nur ein Spiegel unserer Arroganz. In Zeiten, in denen das Fahrrad langsam das Auto als Statussymbol ablöst, sollten auch diejenigen profitieren, die die Räder am Laufen halten.
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Jonas Feldmann ist ein erfahrener Journalist mit Schwerpunkt auf Wirtschafts– und Finanzthemen. Seine Analysen und Hintergrundberichte bieten tiefgehende Einblicke in die deutsche und internationale Wirtschaft.