Sturmgewalten auf Wangerooge: Inselbewohner zählen nicht mehr mit!

April 12, 2025

„Wangerooger zählen die Stürme nicht“

Wie schafft es ein geborener Sauerländer aus 1100 Bewerbern, sich als Leuchtturmwärter auf Wangerooge durchzusetzen? Daniel Jochheim teilt seine Erfahrungen und erklärt, warum ihm sein Job nie langweilig wird.

In Deutschland folgen viele Lebensläufe einem klaren Muster, von der Ausbildung bis zur Rente. Daniel Jochheim, ein 38-jähriger Industriemechaniker, hat seinen Berufsweg jedoch auf die Nordseeinsel Wangerooge geführt, wo er jetzt als Leuchtturmwärter arbeitet und sogar Hochzeiten organisiert. Wir haben mit ihm über seinen Beruf und die Insel gesprochen.

WELT: Sind Sie ein Romantiker?

Daniel Jochheim: Ich muss wohl einer sein, denn ich arbeite seit einem Jahr in einem über hundert Jahre alten Leuchtturm. Ab diesem Frühjahr werde ich dort auch Hochzeiten ausrichten, die sicherlich sehr romantisch werden.

WELT: Sind Sie nun auch Standesbeamter auf Wangerooge?

Jochheim: Nein, dafür bräuchte ich eine Ausbildung im Verwaltungsbereich. Ich bin Industriemechaniker, was mir bei der Pflege des historischen Leuchtturms hilft, erlaubt mir aber nicht, standesamtlich Trauungen durchzuführen. Ich habe jedoch kürzlich eine Ausbildung für freie Trauungen abgeschlossen und werde im April die erste Zeremonie im Leuchtturm leiten. Hoffentlich bei schönem Wetter.

WELT: Das wäre sicher wünschenswert. Aber selbst bei Regen ist die Aussicht aus 34 Metern Höhe beeindruckend.

Jochheim: Die Hochzeitsgesellschaft wird sogar noch höher, auf der Aussichtsplattform, sein. Das darunterliegende Trauzimmer ist nur für standesamtliche Trauungen. Freie Trauungen, wie ich sie durchführe, finden oft im Kreis der engsten Familie und Freunde statt, und dafür ist die offene Plattform, wo bis zu 30 Gäste Platz finden, ideal.

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WELT: Wie kamen Sie auf die Idee, Hochzeiten anzubieten?

Jochheim: Meine Frau, eine Hochzeitsfotografin, brachte mich darauf. Sie hat ein Auge für romantische Orte wie die Aussichtsplattform unseres Leuchtturms. Solche Bauwerke gibt es nicht in unserer alten Heimat im Sauerland.

WELT: Alte Heimat? Planen Sie, sich auf Wangerooge niederzulassen?

Jochheim: Ich bin 38 und möchte bis zu meiner Rente als Leuchtturmwärter arbeiten.

WELT: Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Ich habe gelesen, dass der Leuchtturm 163 Stufen hat, und Sie steigen sicherlich mehrmals täglich hinauf.

Jochheim: An manchen Tagen steige ich sogar sechs- oder siebenmal hoch, beispielsweise wenn Reparaturen anstehen. Dann genieße ich den Blick auf das Meer und bin froh, hier zu sein.

WELT: Der Ausblick aus 39 Metern Höhe zieht sicher viele Touristen an. Aber wird es Ihnen nicht irgendwann langweilig, immer nur auf die Nordsee, Häuser und den Strand zu schauen?

Jochheim: Niemals. Der Anblick ändert sich ständig – das Farbenspiel des Meeres, das Treiben am Strand, der Schiffsverkehr. Auf Wangerooge zu leben, ist wie ein Sechser im Lotto.

WELT: Ein Traumjob, wie in der Stellenanzeige der Gemeinde Wangerooge beschrieben. Wie haben Sie sich im April 2024 gegen die anderen 1100 Bewerber durchgesetzt?

Jochheim: Es gab mehrere Bewerbungsrunden, sowohl online als auch vor Ort. Ich konnte meine Ausbildung als Industriemechaniker vorweisen, was hier sehr nützlich ist, da ich den Turm und den Außenbereich instand halten muss. Auch das Verkaufen von Tickets und das Führen durch die Ausstellung gehören zu meinen Aufgaben. Zu 90 Prozent entspricht der Job meinen Vorstellungen, und zu zehn Prozent ist er sogar noch besser.

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WELT: Wohnen Sie direkt im Turm?

Jochheim: Nein, dafür ist kein Platz. Wir haben über die Gemeinde eine Wohnung auf der Insel gefunden. Der Leuchtturm wurde 1969 außer Betrieb genommen und ist seit 1980 ein Museum.

WELT: Dürfen Sie sich trotzdem Leuchtturmwärter nennen?

Jochheim: Ich denke schon. Da ich den Leuchtturm innen und außen tatsächlich warte, ist der Begriff Leuchtturmwärter sicher nicht unangebracht. Soviel ich weiß, gibt es in ganz Deutschland keine „echten“ Leuchtturmwärter mehr. Der letzte, auf dem Leuchtturm Dornbusch auf der Ostseeinsel Hiddensee, hat 1998 seinen Dienst beendet. Er hat 37 Jahre durchgehalten und den Stürmen getrotzt.

WELT: Wie viele Stürme haben Sie schon auf Wangerooge erlebt?

Jochheim: Wir zählen die Stürme hier nicht. Solange die Fähren noch ablegen, ist alles nur Wetter. Bleiben die Boote im Hafen, haben wir einen Orkan – und trinken Friesentee.

WELT: Sounds cozy. Sie haben jetzt schon alle vier Jahreszeiten auf der Insel erlebt, welche ist Ihre Lieblingszeit?

Jochheim: Der Frühsommer. Im Mai und Juni sind die Temperaturen auf der Insel bereits mild, etwa 15 Grad, und die Sonne scheint durchschnittlich sieben Stunden pro Tag. Die Insel ist noch nicht überfüllt – eine großartige Zeit für einen Besuch!

WELT: Und zum Schwimmen?

Jochheim: Das kommt darauf an. Die Nordsee hat im Frühsommer etwa 16 bis 17 Grad. Ich habe lange als Rettungsschwimmer gearbeitet, mich stört die Kälte nicht.

WELT: Wie würden Sie Wangerooge im Vergleich zu anderen ostfriesischen Inseln in Bezug auf Strände und touristische Infrastruktur bewerten?

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Jochheim: Ich würde keinen Vergleich ziehen. Wangerooge, als östlichste der sieben bewohnten Ostfriesischen Inseln, gehört historisch nicht zum Ostfriesland, sondern zum friesischen Jeverland und zum Land Oldenburg. Deshalb weht hier auch die blaue Fahne mit dem roten Kreuz am Leuchtturm.

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