Waldweltmacht Russland
Zum Internationalen Tag des Waldes am 21. März: Halb Russland ist bedeckt von Busch und Baum
Denken Deutsche an Wälder in der Nacht, sind sie um den Schlaf gebracht. Seit den 1980er-Jahren verursacht das Waldsterben nicht nur Naturschützern Alpträume, umso mehr als sie inzwischen um das „geheime Leben der Bäume“ wissen, „was sie fühlen, wie sie kommunizieren“. Die jüngst vorgestellte Waldzustandserhebung brachte ein alarmierendes Resultat.
Ein Jammer auch das Schicksal des Amazonasregenwalds in Brasilien. Präsident Bolsonaro hat zahlreiche Umweltregulierungen aufgeweicht, und der Wald weicht durch Brandrodungen für Vieh und Felder, Rinder und Soja immer schneller.
Doch tatsächlich ist Russland die wahre Waldweltmacht. Im größten Land der Erde stehen die weltweit größten Waldbestände. Mehr als acht Millionen Quadratkilometer – knapp die Hälfte der gesamten Landesfläche – sind bewaldet; das entspricht gut 20 Prozent Waldbestands der Erde. Brasilien kommt nur auf knapp fünf Millionen Quadratkilometer.
Natürlich kann tropischer Regenwald nicht einfach mit borealen Nadelwäldern gleichgesetzt werden, die in der Nähe des nördlichen Polarkreises stehen. Aber die erhebliche Rolle, die gerade auch den riesigen russischen Wäldern für den Klima- und Artenschutz zukommt, steht außer Frage.
Vom Welttag der Forstwirtschaft zum Tag des Waldes
Der 21. März ist nicht nur der (astronomische) Beginn des Frühlings. An diesem Tag wurde erstmals vor 50 Jahren auf Empfehlung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) auch der alljährliche „Welttag der Forstwirtschaft“ ausgerufen. 2012 wurde er auf Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum „Internationalen Tag des Waldes“ umbenannt. Er soll helfen, das öffentliche Bewusstsein für die gewaltige ökologische Bedeutung des Waldes zu schärfen und auf die fortschreitende Gefährdung und Vernichtung von Waldbeständen weltweit aufmerksam zu machen.
Denn Wälder sind Hauptproduzenten von Sauerstoff, wesentliche Kohlenstoffspeicher, Habitate mit enormer Biodiversität – ganz zu schweigen von ihrer wirtschaftlichen und anthropologischen Bedeutung. Der sich in den letzten Jahren immer weiter beschleunigende Klimawandel hat die enorme Bedeutung des Walds ebenso wachsen lassen, wie das ungebremste Artensterben.
Auch Russlands Wald leidet
Auch der russische Wald leidet. Außergewöhnliche Dürreperioden, Rekordtemperaturen und verheerende Waldbrände, die weit über die üblichen Maß hinausgehen, haben in den vergangenen Jahren – insbesondere seit 2012 – gewaltige Waldflächen vernichtet, und dabei ebenso gewaltige Mengen an Kohlenstoffdioxid freigesetzt.
Die Wahrnehmung eines scheinbar unerschöpflichen Waldreichtums hat darüber hinaus auch problematische Entwicklungen befördert: illegale Rodungen – insbesondere für den unersättlichen chinesischen Markt – sind verbreitet, nicht selten sind die Russen trotz allem Nationalstolz dem Schicksal des einheimischen Walds gegenüber gleichgültig, und nicht zuletzt haben die Sparmaßnahmen des Forstgesetzbuchs von 2006 das bis dahin bestehende staatliche Waldmanagement erheblich eingeschränkt.
So mangelt es an Kontrollmöglichkeiten gegenüber illegalen Holzeinschlägen und an einer systematischen Wiederaufforstung und nachhaltigen Waldpflege. Insbesondere die noch verbliebenen, einzigartigen und artenreichen Urwälder sind so von illegalen Abholzungen gefährdet, zumal wenn auch die anschließende Aufforstung allein nach kurzfristigen ökonomischen Verwertungsinteressen erfolgt.
Verbesserter Schutz des Waldes und nachhaltige Forstwirtschaft sind deshalb auch in Russland wichtige Zukunftsthemen, damit das Land auch künftig wirtschaftlich und ökologisch von seinem einzigartigen Waldreichtum profitieren kann. Und wenn es dem russischen Wald gut geht, tut das auch der restlichen Welt sehr gut.
Zum Weiterlesen: Manfred Sapper, Volker Weichsel, Lukas Latz (Hg.), Im Fluss. Umweltpolitik in Russland, Osteuropa 7-9.2020, Berlin 2020