Urbaner Aktivismus in Russland
Anna Zhelnina: Urbaner Aktivismus in Russland, Russland-Analysen, 9. März 2021
Es ist ein gängiges Erklärungsmuster: Die Masse der russischen Bevölkerung ist zu uninteressiert oder ängstlich, um eine ernste Herausforderung für Putins Herrschaft zu sein und verdrängt unvorteilhafte und kompromittierende Informationen über ihr Land.
Anna Zhelnina (Institut für Soziologie der Russischen Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg) hält das für einen überraschend langlebigen "Mythos". Sowohl auf nationaler wie auch auf lokaler Ebene stellt sie viel Aktivismus fest, "vor Ort gemeinsam ihr Leben zu gestalten und bei der Sanierung, Umgestaltung oder Neuentwicklung städtischer Flächen, die für die Nachhaltigkeit der Zivilgesellschaft eine zentrale Rolle spielen, eine Wahrung ihrer Interessen zu verlangen". Menschen in den Städten erzeugten "neue politische Identitäten und soziale Verbindungen".
Russen würden bei auf städtischer Ebene angesiedelte Fragen aktiv: Infrastrukturprojekte, Bebauung, Bau von Erholungsgebieten. Solche Fragen zögen Menschen an, die keine Erfahrung mit zivilgesellschaftlichem Widerstand hätten, erstmals im politischen Bereich agierten und "ein neues Repertoire an Instrumenten für die politische Auseinandersetzung schaffen". Solche Fragen "mobilisieren noch stärker als wirtschaftliche und sozial-politische Probleme oder Fragen des politischen Regimes".
Unterm Strich sind das für Zhelnina "Gründe für vorsichtigen Optimismus".