Junge Russen wollen keinen Krieg
Andrei Kolesnikow beantwortet die Frage, wie Russen über einen Krieg mit der Ukraine denken, Carnegie Moscow Center, 16.12.2021
Russen wollen keinen Krieg, schon gar nicht die jungen. Das schreibt Andrei Kolesnikow. Militarisierung tauge auch nicht mehr, um sie zu mobilisieren. Allerdings zeige eine Umfrage des Lewada-Zentrums, dass die Hälfte der Befragten die USA und die Nato dafür verantwortlich machen, dass die Lage in der Ostukraine sich verschlechtert. Nur vier Prozent geben Russland die Schuld.
Und doch: Während 2014 noch 26 Prozent der Befragten sagten, „Russland sei auf allen Seiten von Feinden umgeben“, teilten diese Meinung im vorigen Jahr nur noch 16 Prozent. Der Aussage, Russlands eigene Fehler seien die Wurzel des Übels, stimmten 25 Prozent zu (zuvor 17).
Durchschnittliche Russen seien es leid, sich selbst zu täuschen. Die staatliche Propaganda habe ihre Mobilisierungskräfte überstrapaziert. Die Angst vor einem großen Krieg sei ebenso drastisch gewachsen wie die Angst vor staatlicher Repression. Kolesnikow spricht von einer „stillen Unzufriedenheit“. Staatliche Symbole (Flagge, Hymne, Putin) würden unterstützt, aber verschiedenen Initiativen der Regierung werde nicht vertraut.
Sollte Russland eine Offensive gegen die Ukraine denken, würde die Propaganda es zweifellos schaffen, die Mehrheit hinter sich zu bringen. Aber nur 17 Prozent befürworten derzeit eine Vereinigung der beiden Staaten.
Krieg sei ja das Geschäft der jungen Leute, der Wehrpflichtigen, so Kolesnikow. Aber zwei Drittel der 18- bis 24-Jährigen hätten eine positive Einstellung gegenüber der Ukraine – trotz der Propaganda.
Deshalb, so Kolesnikow, sollten die Verantwortlichen darüber nachdenken, wer wie bereitwillig in einer Offensive kämpfen würde und inwieweit die Menschen sich dabei um Putin scharen würden. „Die Beweise deuten darauf hin, dass selbst im besten Fall der Mobilisierungseffekt nicht vorhanden ist.“ PHK