Johannes Varwick: ‚Die Ukraine ist verloren‘
Johannes Varwick über das Beharren auf Prinzipien als Fehler des Westens, RND; 24.2.2022
Der Politikwissenschaftlers Johannes Varwick glaubt, die Ukraine sei für den Westen verloren. Putin sei „nicht mehr davon abzubringen, die Ukraine einzunehmen und einen Regimewechsel durchzusetzen“.
Unvermeidlich ist das offenbar nicht gewesen: „Hätte der Westen das Angebot Russlands angenommen, über eine Neuordnung der Sicherheitsordnung Europas zu reden, dann hätte die Situation vielleicht entschärft werden können“, sagte er im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Aber der Westen habe „nicht alle Möglichkeiten ausgelotet. Wir haben nicht verstanden, dass die Ukraine zu den Kerninteressen Russlands zählt. Es gab die Chance, mit einem neutralen Status der Ukraine eine Eskalation zu verhindern.“
Die westliche Strategie sei gescheitert. „Das Behaaren auf unseren Prinzipien war falsch“, so Varwick. „Jetzt befinden wir uns in der schlechtesten aller denkbaren Situationen.“
Nun hält das Schlimmste nicht für ausgeschlossen: „dass Russland nicht doch noch einen Nuklearkrieg beginnt. Denn Putin handelt schon lange nicht rational.“
Putin werde nicht gewinnen, so Varwick. „Aber wir brauchen einen langen Atem. Russland wird in den nächsten Monaten immer ärmer, ist politisch und wirtschaftlich isoliert und wird sich innenpolitisch radikalisieren. Eines fernen Tages wird es in Russland Menschen geben, die all das infrage stellen und die Politik ändern.“ Bis wann könnte das so weit sein? In 50 Jahren. „Unter Putin wird sich erst einmal gar nichts ändern.“ PHK