Frieden? Dieser Weg wird kein leichter sein
Gwendolyn Sasse: Nach den Istanbuler Gesprächen wenig Optimismus für Frieden, Carnegie Europe, 31.3.2022
Gwendolyn Sasse stimmen die Ergebnisse der direkten Gespräche zwischen Delegationen aus Russland und Ukraine in Istanbul nur bedingt optimistisch. Es sei offensichtlich, dass militärische Neutralität gegen Sicherheitsgarantien „Zeit und politischen Willen erfordern werden“. Dieser politische Wille sei „derzeit auf russischer Seite nicht sichtbar – könnte sich aber zeigen, wenn sich der Krieg hinzieht“.
Der russische Vorschlag eines eventuellen direkten Treffens der beiden Präsidenten sei kein Zugeständnis, die Präsidenten seien ohnehin die letzten Schiedsrichter bezüglich eines Friedensplans. Alle Erklärungen scheinen „im Großen und Ganzen leere Rhetorik“ gewesen zu sein, „da es keine sofortige Reduzierung der Militäraktionen gab und das Folgende eher wie eine Umgruppierung der Kräfte aussieht“. Das wiederum sei „eher eine Notwendigkeit als ein Kompromiss seitens der russischen Streitkräfte“.
Ukraine habe dagegen optimistischer geklungen. Zentral in ihren Vorschlägen sei die Frage einer Neutralität der Ukraine. Die von Russland damit verbundene Demilitarisierung des Lands sei für die Ukraine nicht akzeptabel.
Was eine mögliche Mitgliedschaft der Ukraine in der EU anbelangt, so habe Putin die EU zuletzt nicht mehr als Gefahr bezeichnet. Die russische Seite haben Österreich und Schweden als potenzielle Modelle für die Ukraine genannt. Wie auch Finnland kooperierten diese Länder mit der Nato. Insofern könnte, so Sasse, die EU eine Rolle bei der Institutionalisierung der ukrainischen Sicherheit spielen.
Die Anerkennung der Krim als zu Russland gehörend und die Unabhängigkeit der sogenannten Volksrepubliken im Osten böten weniger Raum für Kompromisse. Die Krimfrage sei für Moskau erledigt. Die Frage der „Volkrepubliken“ werde vermutlich vertagt. Die von Russland eroberten Gebiete im Südosten müssten mitverhandelt werden.
Ein Kompromiss könnte am Ende an der Ukraine scheitern, weil Selensky über eine mögliche Vereinbarung ein Referendum abhalten und das Parlament abstimmen lassen will. „Die Frage der territorialen Integrität ist so eng mit dem Widerstand der ukrainischen Armee und der breiten Bevölkerung verknüpft“, so Sasse, „dass kaum vorstellbar ist, dass die Krim oder Teile des Donbass in einem Abkommen zur Volksabstimmung eine Rolle spielen könnten.“ PHK