Die Ukraine ist für Russland unattraktiv
Dmitri Trenin: How Russia Could Recalibrate Its Relationship With Ukraine, Carnegie Moscow Center, 10.9.2021
Es gebe Russen, die glaubten, die USA werde sich nach Afghanistan auch aus der Ukraine zurückziehen, schreibt Dmitri Trenin. Das Land werde aber keine „afghanische Zukunft“ haben. Es sei zu divers, kulturell und religiös. Die Menschen n Galizien und in der westlichen Ukraine hätten sehr verschiedene Werte als die im Donbass. Es gebe in der Ukraine kein vereintes ukrainisches Volk.
Auf eine Umkehr zu hoffen oder sie anzustreben, hält Trenin für den falschen Weg: „Die Idee einer Wiedervereinigung des russischen Volks, das angeblich durch die russisch-ukrainische Grenze geteilt sei, ist eine Falle“, schreibt Trenin. Würde es dazu kommen, würde diese Erweiterung „die Einheit der Russen viel wahrscheinlicher zerstören als sie zu stärken“. Integration sei „möglich und wünschenswert, aber nur individuell, nicht durch Ausweitung des Territoriums“.
Die Ukraine sei für Russland weder wirtschaftlich noch strategisch so wichtig wie früher. Wirtschaftlich gesehen wäre es sinnvoller für Russland, „seine ökonomischen Verbindungen in Richtung Südosten zu entwickeln statt gen Südwesten“.
Wir müssen lernen, nebeneinander zu leben
So gesehen könne Russland seinen Ansatz für Beziehungen zur Ukraine berichtigen:
Die Ukraine wird niemals mehr eine Brudernation, der Wunsch sollte ersetzt werden durch gutnachbarliche Beziehungen.
Statt Land gewinnen zu wollen, solle Moskau strategisch handeln und dafür sorgen, dass russisch sprechende Menschen nach Russland ziehen, um dort zu leben und zu arbeiten, vor allem hochqualifizierte Spezialisten.
Die westlichen Länder hätten bisher nicht die Sehnsucht geäußert, die Ukraine in europäische und atlantische Institutionen zu integrieren oder ernsthaft in die ukrainische Wirtschaft zu investieren.
Aber die Mehrheit der Ukrainer wolle nicht zurück nach Russland, und Russland brauche die Ukraine nicht. Das Land habe Russland schon viele Milliarden Rubel gekostet.
„Die Bedeutung der Ukraine für Russland ist höchst überbewertet“, schließt Trenin, und zwar „in den Köpfen der Elite“.
Nichts könne einen großen Krieg mit der Ukraine rechtfertigen. Die Ukraine könne und werde das Minsker Abkommen nicht befolgen; das solle Moskau anerkennen. Es sei besser zu versuchen, mit den wenigen moderaten Gruppen im Gespräch zu bleiben, um auf lange Sicht auf Normalisierung hoffen zu können. „Russland und die Ukraine müssen lernen, nebeneinander zu leben.“ PHK