Ukraine: Was, wenn Russland gewinnt?
Liana Fix und Michael Kimmage: Eine von Russland kontrollierte Ukraine würde Europa verändern, Foreign Affairs, 18.2.2022
Ein Sieg Moskaus in der Ukraine erscheint Moskau möglich. Die Frage: Was, wenn Russland in der Ukraine gewinnt, haben Liana Fix und Michael Kimmage schon vor Putins jüngstem Eskalationsschritt gestellt.
Dann, so antworteten sie in Foreign Affairs, „gewinnt eine neue Ära für USA und EU“. Beide müssten die europäische Sicherheit verteidigen, ohne dabei in einen größeren Krieg mit Russland zu geraten. Das sei „nicht unbedingt kompatibel“. Die USA und ihre Alliierten seien „zutiefst unvorbereitet“ für die Aufgabe, eine neue europäische Sicherheitsordnung zu schaffen.
Ein Sieg Russlands in der Ukraine sei auf mehrere Weise möglich: Einsetzen einer fügsamen Regierung oder Teilung des Lands, Zerstörung der ukrainischen Militärs und Kapitulation, was Ukraine in einen gescheiterten Staat verwandeln könnte. Auch Cyberangriffe und Desinformationskampagnen könnten zu einem Regimewechsel und zur Abkehr vom Westen führen.
Folgendes hätten EU und NATO zu gewärtigen:
Sie könnten weitere „ehrgeizige Politiken jenseits ihrer eigenen Grenzen“ vergessen.
Sie befänden sich ständig in einem Wirtschaftskrieg mit Russland.
Westliche Sanktionen könnte der Kreml mit einem Cyberkrieg und Energieerpressung kontern.
China könnte sich auf die Seite Russlands schlagen.
Es gäbe Unsicherheit von Estland über Polen und Rumänien bis in die Türkei. Weil Europa deren Sicherheit nicht garantieren könnte, wäre die Nato auf US-Unterstützung angewiesen – an einer langen Grenze mit Russland.
Sollten Nato-Mitglieder einen ukrainischen Aufstand unterstützen, könnte Russland mit Drohungen gegen NATO-Mitglieder reagieren.
Es könnte Millionen Flüchtlinge geben.
Neue, erhebliche und dauerhafte Sanktionen würden nach einem Einmarsch die „gescheiterte Diplomatie“ ersetzen und „ganz oben auf der Leiter“ beginnen. Darauf würde Russland antworten.
Oppositionelle Gruppen könnten eine russische Propagandawaffe gegen die Einheit der westlichen Staaten werden.
Die USA müssten ihre große Strategie ändern – zurück nach Europa. Denn: „Wenn Europa destabilisiert wird, wären die USA einsamer in der Welt.“
Für die Europäer wäre ein russischer Sieg in der Ukraine „der letzte Aufruf, ihre Verteidigungsfähigkeiten zu verbessern … um den Vereinigten Staaten bei der Bewältigung des russisch-chinesischen Dilemmas zu helfen“.
„Ein russischer Sieg in Ukraine ist keine Science Fiction“, schreiben Fix und Kimmage. Ihre (fatalistische?) Hoffnung für den Fall der Fälle: „Gewonnene Kriege werden nie für immer gewonnen. Allzu oft besiegen sich Länder im Laufe der Zeit selbst, indem sie die falschen Kriege beginnen und dann gewinnen.“ PHK