Ukraine: Beitritt in Nato und EU in 3 bis 5 Jahren
Zwei Wünsche des Botschafters Andrij Melnyk an Deutschland, t-online, 1.3.2022
Ihm sei immer klar gewesen, dass Russland angreifen werde, versicherte Andrij Melnik im Interview mit t-online. Er sei stolz auf seine Landsleute, sagte der ukrainische Botschafter. „Für mich ist der bisherige Kriegsverlauf eine Bestätigung für das, woran ich immer geglaubt habe. Die Ukrainer kämpfen tapfer weiter und niemand sollte sie unterschätzen.“
Dass Deutschland bei Waffenkäufen so lange blockiert hat, kritisiert Melnyk erneut. „Wenn es die deutsche Blockade nicht so lang gegeben hätte, hätte die Ukraine etwa ihre nach der russischen Krim-Okkupation verlorene Marine wieder aufbauen können.“ Er meint: „Ein kleines deutsches U-Boot hätte uns wahrscheinlich gereicht, um Russland im Schwarzen Meer in Schach zu halten.“ Deutschland und die Ukraine, sagt er, sollten nun „einen echten Neuanfang im Rüstungsbereich wagen“.
Den Deutschen tut der Abschied von ihren Illusionen gut, meint Melnyk. „Kein Land kann dauerhaft in einer Märchenwelt leben.“ Die große Demonstration in Berlin am 27. Februar habe gezeigt: „In Deutschland hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man uns nicht im Stich lassen darf. Denn wir widersetzen uns der russischen Aggression, die das ganze freiheitliche Modell des Westens bedroht.“
Das Thema Krim ist für Melnyk „noch nicht abgeschrieben“. Bei Friedensverhandlungen müsse es immer um den Status quo ante gehen, um die Ukraine in den Grenzen vor 2014. Den Beitritt seines Lands in die EU hält er innerhalb von fünf Jahren für möglich, die Aufnahme in die Nato innerhalb von drei Jahren – „wenn der politische Wille in Berlin endlich da ist.“
Die Ukraine wolle „diesen historischen Moment nutzen“, so Melnyk. „Nach der außenpolitischen Kehrtwende der Bundesregierung ist das Zeitfenster für diesen Schritt einmalig.“ PHK