Die Gruppe Wagner
Felix Riefer: Russische PMCs im Nahen Osten und Afrika, Russland Analysen 397, 8.2.2021
Ähnlich wie in Deutschland bieten auch in Russland private Sicherheitsdienste Logistik- und Supportleistungen an. Seit dem Konflikt in der Ukraine jedoch "operiert ein neuer Typ Militärunternehmen an der Schnittstelle von privaten Wirtschaftsinteressen und russischen Großmachtansprüchen im Nahen Osten und auf dem afrikanischen Kontinent", schreibt Felix Riefer. In den Russland-Analysen schreibt er über "ein neues Werkzeug der Außenpolitik" – die Gruppe Wagner.
Die Existenz dieses "paramilitärischen Söldnerunternehmen" werde vom russischen Staat "offiziell negiert, während inoffiziell gleichzeitig ein Mythos um sie gepflegt wird". Solche Private Military Companys (PMCs) sind in Russland verboten, so Riefer. Legal seien nur private Sicherheitsunternehmen. Dennoch habe Putin PMCs schon 2012 als "Instrument zur Verwirklichung nationaler Interessen ohne die direkte Beteiligung des Staates" bezeichnet, über die nachzudenken sich lohne.
Bisher scheiterten alle Versuche der Legalisierung solcher Unternehmen, Riefer vermutet Machtkämpfe zwischen dem Inlandsgeheimdienst FSB, dem Verteidigungsministerium sowie dem Militärgeheimdienst GRU. Allerdings sei "die Delegation des als sakral betrachteten staatlichen Gewaltmonopols an private Gewaltakteure in der russischen Geschichte keine Seltenheit gewesen": von Kosaken-Verbänden im zaristischen Russland bis zu deren Einsatz als Grenzschützer, Gemeindepolizei oder gar Streitkräften in Form von privaten Sicherheitsakteuren. "Sie waren beispielsweise beteiligt an der Niederschlagung des Anti-Korruptionsprotestes auf dem Bolotnaja-Platz 2012 und der Proteste nach der gefälschten Präsidentschaftswahl 2018", so Riefer. Auch Ramsan Kadyrow unterhalte in Tschtschenien mit Terek eine private Miliz, die sowohl in der Ukraine als auch in Syrien zum Einsatz gekommen sein soll.
Entgegen den Bestimmungen des sogenannten Montreux-Dokuments sei die Gruppe Wagner "sowohl in der offensiven Anwendung von Gewalt wie beispielsweise während der Erstürmung eines Ölfeldes im Februar 2018 in Syrien als auch beim Foltern und Hinrichten Gefangener wie dem syrischen Staatsbürger Hammadi Taha Al-Buta im Juni 2017 identifiziert worden".
Das Rechercheportal Bellingcat vermutet den Beginn des Einsatzes einer Art privater Schattenarmee 2013 in Syrien und danach auf der Krim und im Osten der Ukraine. Verbindungen zum russischen Staat, so Riefer, "konnten ebenfalls einfach abgestritten werden". Gesteuert werde die Gruppe Wagner "wohl durch den Putin-vertrauten Unternehmer Jewgenij Prigoschin und den Militärgeheimdienst GRU". Der Name geht auf den Kampfnamen von Oberleutnant Dmitri Utkin zurück: Wagner.