Knacknuss Kaliningrad

Warum die russische Exklave zum neuen Spannungsfeld im Ostseeraum wird, SWP-Podcast, 29.6.2022

von KARENINA
SWP-Podcast über Kaliningrad

Im SWP-Podcast spricht Nana Brink mit den Wissenschaftlern Kai-Olaf Lang und Minna Ålander über den Transitstreit um Kaliningrad und die Bedeutung der russischen Exklave. Lang betont die strategische Relevanz Kaliningrads, das ein „vorgeschobener Posten“ Russlands in Richtung Westen sei, eine „eiserne Faust Russlands, die weit in Nato-Territorium hineinreicht, gewissermaßen ein unsichtbarer Flugzeugträger“.

Schweden habe das in seiner Verteidigungsplanung bereits berücksichtigt und im Januar dieses Jahrs seine Truppenpräsenz dort „erhöht, auch mit Panzern, weil schon absehbar war, dass sich die Sicherheitslage in der Ostsee verschlechtert hat“. Das sei die Reaktion darauf gewesen, dass Russland sechs Landungsschiffe nach Kaliningrad verlegt habe.

Ålander verweist auf die schwedische Ostseeinsel Gotland, die nur 330 Kilometer von Kaliningrad entfernt liege. Theoretisch wäre ein Szenario denkbar, dass Russland von Kalinigrad aus Gotland angreifen könnte.

Die Insel werde eine beträchtliche strategische Bedeutung haben, wenn Schweden und Finnland der Nato beitreten. Damit werde die Ostsee quasi zur Nato-See. Gotland sei „praktisch für die Nato“ wenn es darum gehe, Nachschub ins Baltikum zu bringen. Für Russland erhöhe sich die Hürde, dort „etwas anzustellen“.

Noch fragiler erscheint der sogenannte Suwalki Gap, die knapp 100 Kilometer lange gemeinsame Grenze zwischen Polen und Litauen und damit den drei baltischen Staaten. Für Lang ist diese Grenze eine „erhebliche Knacknuss, denn Russland könnte über Kaliningrad im Zusammenwirken mit Streitkräften in Belarus … diesen Korridor relativ einfach abriegeln“ – und damit die baltischen Staaten vom Gebiet der EU.

Russland sei in der Lage, so Lang, „eine große eiserne Glocke über die Region zu legen, die es der Nato sehr sehr schwierig machen könnte, auch über die Ostsee im Notfall Kräfte sehr schnell zuzuführen“.

Insofern, so Lang, bestätige der Beitritt Schwedens und Finnlands Russlands Einschätzungen vom „expansiven Westen“. Er erwartet, dass es in der Region nicht ruhiger, „sondern eher unruhiger werden wird“, auch mit russischen „Provokationen im Luftraum“. Strategisches Ziel der Nato müsse sein, „Russland keine Anreize zu geben, an einer sehr exponierten Stelle der Nato den Zusammenhalt des Bündnisses auszutesten“.  PHK

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