Aufrüstung in der Arktis

Michael Paul: Der Kampf um den Nordpol: Russlands furioser Start als Vorsitz des Arktischen Rates, SWP-Aktuell, 22.06.2021

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Am 20. Mai 2021 übernahm Russland den Vorsitz des Arktischen Rats. Der Wandel der Themenschwerpunkte könnte kaum größer sein. Während Island sich in den zwei Jahren seiner Führung um arktische Meeres­umwelt, den Klimawandel, die Menschen der Arktis sowie der Stärkung des Arktischen Rats kümmerte, hat Russland angekündigt: Die nationale Sicherheit steht ganz oben auf seiner Agenda.

So hatte es die russische Arktis-Kommission schon im Oktober 2020 unmissverständlich erklärt. Dmitri Medwedew begründete das damit, Russland werde von seinen Nato-Nachbarstaaten bedroht. Später setzte dann Russlands Beauftragten für die Arktis Nikolai Kortschunow klassische Themen auf die Agenda: die Lebensbedingungen der arktischen Bevölkerung, Schutz der Umwelt und Klimawandel, Stärkung der Rolle des Ark­tischen Rats als Basis für multilaterale Zusammenarbeit.

Michael Paul, Senior Fellow in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik, meint: „Geopolitische und sicherheitsrelevante Aspekte der russischen Arktisagenda bleiben brisant.“ Außenminis­ter Lawrow habe den Westen „vor Be­sitzansprüchen in der Arktis“ gewarnt, auch Präsident Putin deutliche Worte gesprochen.

Die USA haben derweil vier B‑1B-Bomber auf der norwegischen Orland Air Base stationiert und Verteidigungskooperation mit Norwegen erweitert. Paul diagnostiziert eine „anhaltende militärische Aufrüstung in der Arktis und die damit ein­hergehende Ver­unsicherung nordischer Nato-Verbündeter und von Partnern wie Schweden“.

Russland hatte laut Paul ursprünglich ein 1,2 Millionen Quadratkilometer großes Gebiet der Arktis beansprucht, inklusive Nordpol. 2020 habe sie den Anspruch ausgeweitet – und auf Kosten Dänemarks und Kanadas „praktisch den gesamten Arktischen Ozean zu ihrem Kontinentalschelf“ reklamiert, zitiert Paul den kanadischen Politikwissen­schaftler Robert Huebert.

Befürchtet wird nun ein „chinesisches Szenario“, ein „Vor­gehen ähnlich dem Chinas im Südchinesischen Meer, das die Entscheidung des Inter­nationalen Schiedsgerichts in Den Haag 2016 ignorierte und sich Gebiete aneignete“.

Noch aber sei Hoffnung „auf eine gemeinsame und einvernehmliche Lösung der Arktisstaaten“. Daran sei auch Russland interessiert, so Paul: „Russland braucht Frieden und Stabilität in der Arktis, um ungehindert Kohle, Öl und Gas fördern und über die Nördliche Seeroute verschiffen zu können, deren Modernisierung beträchtliche Investitionen erfordert.“  PHK

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