Ändert sich nun die Russlandpolitik?
Fabian Burkhardts Analyse für dekoder rechnet eher mit Kontinuität in der Russlandpolitik (27.9.2021)
Im Wahlkampf spielte Außenpolitik kaum eine Rolle. Nun aber müssen die Parteien, die eine Regierungskoalition bilden möchten, sich zusammenraufen. Gerade für die Russlandpolitik gilt: Die beiden Königsmacher plädieren für eine härtere Gangart.
Für dekoder hat Fabian Burkhardt, Postdoktorand am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg und Redakteur der Russland-Analysen, die Frage beantwortet: Wird die Bundestagswahl die Russland-Politik verändern?
Wichtigste Feststellung: Die deutsche Außenpolitik wird zwar vom Auswärtigen Amt verantwortet, aber der Bundeskanzler hat auch hier die Richtlinienkompetenz und kann damit „entscheidende Akzente in der Außenpolitik setzen“. So habe das Kanzleramt unter Angela Merkel die Weichen bei den Sanktionen, nach der Annexion der Krim und bezüglich der Ostukraine, und bei Nord Stream 2 gestellt. Weil das Kanzleramt auch zwischen den Ministerien koordiniere, „kann es in der Außenpolitik Akzente und Prioritäten setzen“, so Burkhardt. „Insgesamt sind die wesentlichen Akteure der deutschen Außenpolitik im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt auf bürokratischer Ebene sehr eng miteinander verzahnt: sowohl hinsichtlich der politischen Entscheidungen als auch personell.“
Ein Kanzler Olaf Scholz in einer umgekehrten Groko, so Burkhardt, stünde für Kontinuität bei Nord Stream 2 und den Sanktionen, für eine in der EU abgestimmte Ostpolitik und die Partnerschaft innerhalb der NATO. Burkhardt hält es deshalb „für wenig wahrscheinlich, dass die SPD zu einer traditionellen Ostpolitik im Geiste von Willy Brandt zurückkehrt“.
Komme das Außenministerium in die Hand der Grünen oder der FDP, so wäre es für beide schwierig, ihre Wahlversprechen durchzusetzen – mehr Härte gegen Russland. Burkhardt sieht aber auch Interessen an Zusammenarbeit. In der FDP gebe es Kräfte, denen wirtschaftliche Aspekte wichtiger seien als liberale Werte und Menschenrechte. „Bei den Grünen gibt es möglicherweise verstärktes Interesse, mit Russland in einen Dialog über den Klimawandel einzutreten.“
Burkhardt rechnet damit, dass die nächste Bundesregierung weiterhin versuchen werde, „begrenzte Kooperationsangebote zu schaffen, wo sich die Interessen von Russland und Deutschland überschneiden. Gleichzeitig wird sie eine in die EU eingebettete Sanktionspolitik betreiben und versuchen, die EU resilienter gegenüber Russland zu gestalten.“ PHK